Gebühr für geduldete Überziehung des Girokontos zulässig?

  

Am 25. Oktober 2016 verhandelt der Bundesgerichtshof über die Zulässigkeit von Gebühren, die Banken für eine geduldete Überziehung von Girokonten verlangen.

Verbraucherzentralen klagen gegen Entgelt für Dispo-Überziehung

In beiden Verfahren klagen Verbraucherzentralen gegen Geschäftsbanken, die in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen bzw. ihren Preis- und Leistungsverzeichnissen  ein Entgelt verlangen, wenn der Kunde den zuvor vereinbarten Kreditrahmen (Dispo) überzieht.

Im Verfahren XI ZR 387/15 geht es um eine Klausel, die auszugsweise wie folgt lautet:

[Die Bank] berechnet für jeden Monat, in welchem es auf dem Konto zu einer geduldeten Überziehung kommt, ein Entgelt von 2,95 €, es sei denn, die angefallenen Sollzinsen für geduldete Überziehungen übersteigen im Berechnungsmonat den Entgeltbetrag von 2,95 €. Die angefallenen Sollzinsen für geduldete Überziehungen werden nicht in Rechnung gestellt, wenn sie im Berechnungsmonat den Entgeltbetrag von 2,95 € unterschreiten.

Diese Klausel muss man möglicherweise mehrfach lesen, um zu verstehen: Die Bank will in jedem Monat, in dem der Dispo überzogen wird, mindestens 2,95 € berechnen, auch wenn der tatsächlich anfallende Zins geringer wäre. Die klagende Verbraucherzentrale hält diese Klausel für unzulässig, weil sie Verbraucher unangemessen im Sinne von § 307 BGB benachteilige.

Entgelt für Dispo-Überziehung: Preishauptabrede oder Preisnebenabrede?

Landgericht Düsseldorf und Oberlandesgericht Düsseldorf haben die Klage abgewiesen. Die Klausel unterliege als so genannte Preishauptabrede nicht der Inhaltskontrolle. Preishauptabreden sind Vereinbarungen über den Preis der Leistung, etwa der Kaufpreis bei einem Kaufvertrag. Sie sind zu unterscheiden von Preisnebenabreden: Hier geht es nicht um eine echte (Gegen-)Leistung, sondern mit der Klausel will der Verwender

allgemeine Betriebskosten, Aufwand für die Erfüllung gesetzlich oder nebenvertraglich begründeter eigener Pflichten oder für sonstige Tätigkeiten auf den Kunden abwälzen, die der Verwender im eigenen Interesse erbringt (BGH, Urteil vom 13. Mai 2014 – XI ZR 170/13).

Ein Gericht kann nur Preisnebenabreden überprüfen. Um eine solche Klausel handete es sich nach der Auffassung von LG und OLG Frankfurtaber nicht. Der Durchschnittskunde verstehe die Klausel als Entgelt für die Überlassung der Valuta als eine Art geschuldeten Mindestzins für jeden Monat, in dem das Konto über den vereinbarten Rahmen hinaus überzogen werde. Damit liege eine Preishauptabrede vor.

Auch im Verfahren XI ZR 9/15 klagt eine Verbraucherzentrale gegen eine Bank. Sie beanstandet eine Klausel, nach der

die Kosten für geduldete Überziehungen, die ab dem Zeitpunkt der Überziehung anfallen, 6,90 Euro betragen und im Falle einer geduldeten Überziehung einmal pro Rechnungsabschluss berechnet werden. Die Kosten für geduldete Überziehung fallen jedoch nicht an, soweit die angefallenen Sollzinsen für geduldete Überziehungen diese Kosten übersteigen.

Das LG Frankfurt sah hierin eine Preisabrede und hat die Klage abgewiesen, da die Klausel nicht der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterliege. Auf die Berufung des Klägers hat das OLG Frankfurt der Klage hingegen stattgegeben:

Zinsen sind das Entgelt für die Überlassung von Geld

Das OLG kam zu dem Ergebnis, die Klausel sei eine Preisnebenabrede. Preis für die Überlassung von Geld sei der Zins. Er ist laufzeitabhängig, seine Höhe richtet sich nach der Dauer der Überlassung; und er wird nach der Höhe des überlassenen Geldes (in Prozent) ermittelt.

Hier sollten aber Kosten von mindestens 6,90 € anfallen unabhängig von der Höhe der Überziehung. Daher sei klar, dass die 6,90 € nicht allein das Entgelt für das gewährte Darlehen (die geduldete Überziehung) seien, sondern auch den Arbeitsaufwand bei der Beklagten abgelten solle. Diese Arbeiten jedoch stehen im eigenen Interesse der Bank. Nach der neueren Rechtsprechung ist es der Bank verwehrt, Kosten für Tätigkeiten auf den Kunden abzuwälzen, die sie in Erfüllung eigener Pflichten und im eigenen Interesse erbringt.

Nachtrag vom 25. Oktober 2016: Der Bundesgerichtshof hat die offenen Fragen mittlerweile entschieden und die AGB-Klauseln für unwirksam erklärt.