Widerruf nach Aufhebung des Darlehensvertrages

  

Bei einem Verbraucherdarlehensvertrag kann jeder Darlehensnehmer selbständig den Vertrag widerrufen. Das Widerrufsrecht erlischt nicht, wenn sich die Darlehensnehmer mit der Bank auf eine vorzeitige Vertragsablösung verständigt haben; allerdings kann Verwirkung eingetreten sein (BGH, Urteil vom 11.10.2016 – XI ZR 482/15).

Die Kläger hatten im Frühjahr 2004 gemeinsam einen Immobiliarkredit bei der beklagten Bank aufgenommen. Die Widerrufsbelehrung war fehlerhaft. Im Jahr 2012 wollten die Kläger die Immobilie veräußern und einigten sich mit der Bank darauf, gegen Zahlung eines Abschlussbetrags den Darlehensvertrag vorzeitig zu beenden. Ein Jahr später erklärten sie den Widerruf des Darlehensvertrages.

Jeder Darlehensnehmer hat eigenes Widerrufsrecht

Der BGH stellt klar, dass jeder Darlehensnehmer selbständig und unabhängig von den anderen Verbrauchern sein Widerrufsrecht ausüben kann. Dieses Widerrufsrecht soll ihn vor übereilten Entscheidungen treffen; er soll die Möglichkeit haben, sich auf einfache Weise von dem geschlossenen Vertrag zu lösen.

Schutzbedürftig ist der Darlehensnehmer auch dann, wenn neben ihm weitere Personen Vertragspartner geworden sind. Sein Schutz überwiegt das Interesse aller anderen Personen am Fortbestand des Verbrauchervertrages. Gegenstand des Verbraucherdarlehensvertrags ist zwar eine unteilbare Leistung, da entweder die gesamte Valuta ausgezahlt wird oder – wenn der Vertrag widerrufen wird – keine Zahlung verlangt werden kann. Dies schließt aber das Widerrufsrecht nicht aus; auch dann nicht, wenn die Mitdarlehensnehmer selbst nicht (mehr) widerrufen können.

Vertragsaufhebung beseitigt Widerrufsrecht nicht…

Das Widerrufsrecht ist nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil sich die Parteien vertraglich auf eine vorzeitige Beendigung des Darlehensvertrages verständigt haben. Der Verbraucher kann seine Vertragserklärung selbst dann noch widerrufen, wenn der Vertrag bereits gekündigt worden war. Nach der Entscheidung des BGH gilt das auch, wenn die Parteien den Vertrag vor Ausübung des Widerrufsrechts einvernehmlich beendet haben, ohne dabei auch eine Vereinbarung über das Widerrufsrecht zu treffen.

…Widerrufsrecht kann aber verwirkt sein

Allerdings ist zu prüfen, ob das Widerrufsrecht nicht verwirkt ist. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Neben dem Umstand, dass ein Aufhebungsvertrag geschlossen wurde, sind die Umstände des Einzelfalls maßgeblich, also insbesondere, wie viel Zeit seit Abschluss des Verbrauchervertrages verstrichen ist.