Keine Vorfälligkeitsentschädigung bei Kündigung des Darlehens wegen Zahlungsverzuges

  

Kündigt die Bank den Darlehensvertrag, weil der Darlehensnehmer mit Zahlung der Raten in Verzug geraten ist, kann sie keine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen. Dies hat der BGH zu einem Vertrag aus dem Jahre 1994 entschieden (BGH, Urteil vom 19.01.2016 – XI ZR 103/15).

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Vorfälligkeitsentschädigung bei Darlehen, die wegen Zahlungsverzugs gekündigt werden?

Der Kläger hatte im Jahre 1994 einen Verbraucherdarlehensvertrag mit der beklagten Bank abgeschlossen. Als er mit den Raten in Verzug kam, kündigte die Bank den Vertrag. Sie forderte nicht nur Rückzahlung der noch offenen Valuta, sondern verlangte auch eine Vorfälligkeitsentschädigung. Der Kläger forderte diesen Betrag zurück.

Was ist die Vorfälligkeitsentschädigung?

Wird ein Darlehensvertrag nicht vollständig getilgt, sondern vorzeitig durch den Kunden gekündigt, entsteht der Bank ein Schaden. Sie erhält jetzt nicht mehr über die vereinbarte Laufzeit hinweg die Zinszahlungen des Darlehensnehmers, sondern muss die Valuta neu anlegen – zu einem Zinssatz, der regelmäßig unter dem vertraglich vereinbarten Zinssatz liegt.

Diesen Schaden hat der Darlehensnehmer nach § 490 Abs. 2 BGB der Bank als Vorfälligkeitsentschädigung zu ersetzen, wenn er den Vertrag vorzeitig kündigt,

Schadensersatzpflicht des säumigen Schuldners

§ 490 Abs. 2 BGB sieht vor, dass der Darlehensnehmer zum Schadensersatz verpflichtet ist, wenn er den Darlehensvertrag vorzeitig kündigt. Was aber gilt, wenn der Darlehensgeber die Kündigung ausspricht, weil der Darlehensnehmer seine Raten nicht mehr zahlt?

Nach § 497 Abs. 1 BGB hat der Darlehensnehmer, der mit seiner Zahlungsverpflichtung in Verzug kommt, den geschuldeten Betrag zu verzinsen. Der Bundesgerichtshof interpretiert dies so, dass der Darlehensgeber neben diesem Zins keinen Schadenersatz verlangen kann. Das Gesetz sieht eine Vorfälligkeitsentschädigung nur in Fällen vor, in denen der Darlehensnehmer selbst den Darlehensvertrag vorzeitig kündigt. Das bedeute umgekehrt, dass ein solcher Anspruch nicht bestehe, wenn die darlehensgewährende Bank kündige.

Bank muss Vorfälligkeitsentschädigung erstatten

Im konkreten Fall hatte die Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung bereits berechnet. Nach der Entscheidung des BGH musste sie dem Kläger die Entschädigung wieder erstatten. Landgericht und Oberlandesgericht Stuttgart hatten dies noch anders gesehen. Erst der BGH gab dem Kläger Recht.

Rechtsanwalt Dr. Henning Kahlert ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht in Karlsruhe.