Anspruch gegen Bank auf Bekanntgabe des Kontoinhabers bei Markenfälschung?

  

Nach dem Urteil des EuGH vom 16. Juli 2015 muss der BGH neu über die Frage urteilen, inwieweit eine Bank generell die Auskunft über Namen und Anschrift eines Kontoinhabers verweigern darf, wenn über das Konto die Zahlung des Kaufpreises für ein gefälschtes Markenprodukt abgewickelt worden ist. Das Auskunftsverweigersungsrecht aufgrund des Bankgeheimnisses geht nach Auffassung des EuGH zu weit.

Die Klägerin ist Lizenznehmerin für die Herstellung und den Vertrieb von Davidoff-Parfüms. Im Januar 2011 bot ein Verkäufer auf der Internetplattform eBay ein Parfüm unter der Marke „Davidoff Hot Water“ an, bei dem es sich um eine Produktfälschung handelte. Als Konto, auf das die Zahlung des Kaufpreises erfolgen sollte, war bei eBay ein bei der beklagten Sparkasse geführtes Konto angegeben. Die Klägerin ersteigerte das Parfüm und zahlte den Kaufpreis auf das angegebene Konto. Nach Darstellung der Klägerin konnte sie nicht in Erfahrung bringen, wer Verkäufer des gefälschten Parfüms war. Sie hat deshalb die beklagte Sparkasse nach § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MarkenG auf Auskunft über Namen und Anschrift des Inhabers des Kontos in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, die beklagte Sparkasse sei aufgrund des Bankgeheimnisses nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zur Verweigerung der Auskunft berechtigt.

Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren mit Beschluss vom 17. Oktober 2013 ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union vorgelegt (vgl. Pressemitteilung Nr. 173/2013). Im Streitfall stellt sich insbesondere die Frage, ob die Kontodaten, über die die Klägerin von der Sparkasse Auskunft verlangt, Art. 8 Abs. 3 Buchst. e der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums unterfallen und – wenn dies der Fall sein sollte – ob gleichwohl im Interesse der effektiven Verfolgung von Markenverletzungen die Beklagte Auskunft über die Kontodaten geben muss.

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat hierüber durch Urteil vom 16. Juli 2015 entschieden. Danach ist Art. 8 Abs. 3 Buchst. e der Richtlinie 2004/48/EG dahin auszulegen, dass er einer nationalen Rechtsvorschrift wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, die es einem Bankinstitut unbegrenzt und bedingungslos gestattet, eine Auskunft nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. c dieser Richtlinie über Namen und Anschrift eines Kontoinhabers unter Berufung auf das Bankgeheimnis zu verweigern. Die Prüfung, ob die nationale Rechtsvorschrift eine solche Weigerung bedingungslos gestattet, ist Sache des vorlegenden nationalen Gerichts. Dieses hat auch zu prüfen, ob das nationale Recht gegebenenfalls andere Rechtsbehelfe oder Rechtsmittel enthält, die es den zuständigen Justizbehörden ermöglichen, im Einklang mit der Richtlinie 2004/48/EG die Erteilung der erforderlichen Auskünfte über die Identität der unter Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie fallenden Personen nach Maßgabe der spezifischen Merkmale des Einzelfalls anzuordnen.

Vorinstanzen:

  • LG Magdeburg – Urteil vom 28. September 2011 – 7 O 545/11, ZD 2012, 39
  • OLG Naumburg – Urteil vom 15. März 2012 – 9 U 208/11
  • BGH – Beschluss vom 17. Oktober 2013 – I ZR 51/12
  • EuGH – Urteil vom 16. Juli 2015 – C-580/13

Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 176/2015 vom 16.10.201

Rechtsanwalt Dr. Henning Kahlert ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht in Karlsruhe.